Chinas nächster Akt: Wird Peking zum großen Gewinner?

Innovation, politische Neuausrichtung und strategische Widerstandsfähigkeit prägen Chinas Weg zur globalen Führungsrolle.


China tritt gerade in die nächste Phase seines wirtschaftlichen und technologischen Wandels ein und dürfte aus einem zersplitterten globalen Umfeld als Gewinner hervorgehen. Trotz nach wie vor bestehender Herausforderungen wie rückläufiger Konsum, angespannter Immobiliensektor und externe Unsicherheit verbessern die einjährige Pause im Handelsstreit und der Beginn des 15. Fünfjahresplans die Aussichten auf eine stabile, innovationsgestützte Erholung. Für Anleger bietet dieser veränderte Kontext neue Chancen und Risiken bei Aktien und Anleihen und schafft die Voraussetzungen für ein dynamisches und wachstumsorientiertes Marktumfeld im Jahr 2026.

Chinas gesamtwirtschaftliche Impulse: Von der Pause im Handelsstreit zur Transformation

China ist nach wie vor auf dem besten Weg, sein BIP-Wachstumsziel von 5% für 2025[1] zu erreichen. Dies wird durch eine solide Performance im ersten Halbjahr, ein moderates Wachstum im dritten Quartal, stärkere Exporte und rasante Fortschritte im Technologiesektor bestätigt und durch den diesjährigen „DeepSeek Moment“ im Bereich KI-Innovation gestützt. Doch die Erholung verläuft uneinheitlich. Der schwache Immobiliensektor, anhaltender Deflationsdruck und die zurückhaltende Stimmung der Privathaushalte belasten die Dynamik, während US-Technologiebeschränkungen und Zölle das Geschäftsklima beeinflussen.

Statt auf breite Konjunkturimpulse setzen die politischen Entscheidungsträger auf gezielte Maßnahmen zur Stützung des Konsums in Bereichen wie Elektroautos und Haushaltsgeräte. Hinzu kommen regulatorische Maßnahmen zur Stärkung der Kapitalmärkte und zur Eindämmung des exzessiven Wettbewerbs. Diese Maßnahmen sollen die Nachfrage stabilisieren und gleichzeitig eine nachhaltige industrielle Dynamik fördern.

Diese innenpolitische Neuausrichtung vollzieht sich parallel zu einem vorübergehenden Nachlassen des externen Drucks. Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China sind nach dem Treffen zwischen den Präsidenten Trump und Xi Ende Oktober in Südkorea in eine Phase relativer Stabilität eingetreten, die zu einer einjährigen Pause im Handelsstreit mit Zollsenkungen und der Aussetzung ausgewählter Exportkontrollen führte. Die Anpassungen verringern den Zolldruck bis 2026 und verringern das unmittelbare Gesamtrisiko. Dennoch bleibt die Gemengelage unsicher und andere Maßnahmen oder strengere Technologiebeschränkungen könnten im Rahmen der anhaltenden strategischen Rivalität, insbesondere im Technologiesektor und bei seltenen Erden, zurückkehren Gleichzeitig hat China die Beziehungen zu Nicht-US-Handelspartnern intensiviert, um die Lieferketten robuster zu machen und die Exportmärkte zu diversifizieren.

Diese Kombination aus gezielter Wirtschaftspolitik und besseren externen Bedingungen schafft die Voraussetzung für den Beginn von Chinas 15. Fünfjahresplan (2026-2030). Der Plan stellt innovationsbasiertes Wachstum in den Vordergrund und betont die technologische Eigenständigkeit, die Resilienz gegenüber externen Einflüssen und die Verbesserung der industriellen Wertschöpfungskette. Zu den strategischen Prioritäten gehören Halbleiter, künstliche Intelligenz und moderne Fertigung, um signifikante Chancen für einheimische und internationale Unternehmen zu schaffen. Letztlich stärkt diese Agenda das Engagement Chinas für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation.

China als globale Macht

China hat seine Rolle als zentrale Säule des globalen wirtschaftlichen und geopolitischen Einflusses gefestigt. Als führende Handelsnation und zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt prägt das Land globale Lieferketten, Rohstoffmärkte und Fertigungsnetzwerke. Seine wachsenden Kapazitäten in den Bereichen künstliche Intelligenz, Elektrofahrzeuge, Telekommunikation und erneuerbare Energien stärken seine strategische Autonomie und stellen die langjährige Führungsposition des Westens in Schlüsselindustrien in Frage. Das diplomatische und finanzielle Engagement – von der neuen Seidenstraße bis hin zur wachsenden Präsenz in multilateralen Organisationen – baut den internationalen Einfluss Pekings weiter aus. Diese wirtschaftlichen, technologischen und sicherheitspolitischen Dimensionen machen China zu einer zunehmend einflussreichen, wenngleich nicht unumstrittenen globalen Macht.

Aktien: Bereit für Chinas Aufschwung 2026

Wir gehen davon aus, dass sich das Ertragswachstum chinesischer Unternehmen 2026 beschleunigen wird, da es durch politischen Rückenwind und Rentabilitätsverbesserungen durch die „Anti-Involution-Kampagne“ gestützt wird. Der Aktienmarkt dürfte von einer liquiditätsbasierten Erholung im Jahr 2025 auf eine ertragsorientierte Erholung im Jahr 2026 übergehen. Potenzielle Katalysatoren für eine Neubewertung sind:

  • Die zunehmend entgegenkommende Wirtschaftspolitik
  • Niedrigere risikofreie Zinsen
  • Kapitalzuflüsse aus Umschichtungen von Immobilieninvestitionen, Onshore-Institutionen und globalen Anlegern in Richtung China und Schwellenländer.

Ausgehend von diesem ertragsorientierten Umfeld vertreten wir eine konstruktive Haltung gegenüber Branchenführern mit nachweislicher Innovationsfähigkeit und klarer globaler Expansionsstrategie. Anti-Involution-Kampagnen sollen Unternehmen ermutigen, ihren globalen Marktanteil auszubauen und so eine Verbesserung der Renditen zu unterstützen. Chinesische Biotechnologieunternehmen, die 2025 von robusten Lizenezvergabegeschäften profitieren, bauen ihre internationale Relevanz durch umfassende Innovationspipelines aus.

Die Eigenständigkeit des Technologiesektors bleibt ein zentrales Anlagethema. Wir beurteilen die langfristige Nachfrage nach Energieinfrastrukturen, Rechenzentren, GPUs, Speichermedien, modernen Chips, Robotik, humanoiden Robotern und Halbleiterausrüstung zuversichtlich. Trotz potenzieller Überbewertungen von KI-Unternehmen werden chinesische KI-bezogene Aktien immer noch mit einem Abschlag gegenüber ihren US-Pendants gehandelt und bieten selektive Chancen. Im weiteren Verlauf des Jahres 2026 rechnen wir mit einer allmählichen Erholung des Konsums, die durch steigende Haushaltseinkommen aus dem Wachstum der Unternehmensgewinne gestützt wird. Allerdings wird ihr Tempo eher stabil als steil ausfallen.

In puncto Anlagestil bevorzugen wir mittelfristig Wachstums- und zyklische Sektoren gegenüber Substanz- und defensiven Werten. Unternehmen mit starker F&E, robuster Liquidität und globalen Ambitionen sind am besten aufgestellt, um von strukturellen Trends und steigenden passiven Zuflüssen zu profitieren.

Fixed Income: Die Anspannung bleibt bestehen, Chancen bleiben selektiv

Chinas Anleihesegment bleibt durch den Schuldenabbau im Immobiliensektor, die schwache Binnennachfrage und die verhaltene Kreditschöpfung im Privatsektor unter Druck. Der Fünfjahresplan will zwar die Modernisierung der Industrie beschleunigen und den Konsum stärken, aber demografische Herausforderungen und anhaltende deflationäre Tendenzen deuten darauf hin, dass sich das Interesse der privaten Haushalte und der Unternehmen nur ganz allmählich erholen wird.

In diesem Umfeld dürfte die chinesische Renditekurve stabil und der Spielraum für eine Versteilerung begrenzt bleiben, da die Behörden der Finanzstabilität Vorrang vor einer aggressiven Lockerung einräumen. Für Anleger erfordert dies eine selektive Auswahl bei Unternehmens- und Staatsanleihen. Wir bevorzugen weiterhin hochwertige Emittenten in Sektoren, die auf politische Prioritäten ausgerichtet sind, wie z.B. Rohstoffe für die Modernisierung der Industrie und Lieferketten im High-Tech-Fertigungssektor, obwohl die aktuellen Bewertungen eine gewisse Disziplin erfordern.

Der Renminbi bleibt als Finanzierungswährung attraktiv und wird durch einige der niedrigsten Renditen in Schwellenländern unterstützt. Obwohl die Währung einen Aufwärtstrend verzeichnet, ist das Tempo moderat, und andere Schwellenländerwährungen bieten derzeit attraktivere Chancen. Auch die chinesischen Zinsen bieten nur begrenzte Attraktivität: Die Zinsvorteile sind gering, und die Aussichten für eine weitere Lockerung sind nach mehreren Runden politischer Unterstützung, die zu rückläufigen Ergebnissen geführt haben, ungewiss.

Fazit

Chinas Streben nach technologischer Führungsstellung ist inzwischen ein Eckpfeiler seiner langfristigen nationalen Strategie. Die US-Technologiebeschränkungen gegenüber China haben sich vom Hindernis zu einem Katalysator für Innovation entwickelt und die Investitionen in kritische Technologien beschleunigt.

Trotz der anhaltenden gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen bietet der chinesische Aktienmarkt attraktive langfristige Chancen, gestützt auf Strukturreformen, Gewinnerholung und ein reifendes Innovationsökosystem. Wir sehen interessante Chancen für Branchenführer in der gesamten Technologiewertschöpfungskette, die durch die allmähliche gesamtwirtschaftliche Stabilisierung und den Rückgang der Erzeugerpreise unterstützt werden. Diese Dynamik könnte chinesische Aktien für eine ausgewogene und dauerhafte Erholung im Jahr 2026 aufstellen.

Bei Unternehmensanleihen dürften sich weiterhin Chancen bieten, obwohl die Streuung weiter zunehmen wird. Dies macht die disziplinierte Auswahl der Emittenten im Zuge des Wandels in China wichtiger denn je. Während China die globalen Handels-, Technologie- und Kapitalflüsse neu gestaltet, wird sein nächster Schritt eine zunehmend wichtige Rolle auf den globalen Märkten sein.


[1] Von der Zentralregierung auf der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses am 5. März 2025 bekannt gegebenes Ziel
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