Welche Portfoliodiversifikation für 2024?


Auf der Suche nach einer „neuen“ Normalität

Als die Pandemie im Jahr 2020 ausbrach, wurden die Orientierungspunkte der Anleger dadurch über den Haufen geworfen. Die aufeinander folgenden Schocks der Coronakrise und dann der Energiekrise führten zu extremen Entwicklungen sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf finanzieller Ebene. Diese Störungen beginnen nun, wie bei jedem wellenförmigen Phänomen, sich abzuschwächen. Das Jahr 2023 war von ungleichen wirtschaftlichen Leistungen geprägt und auch die Unternehmensergebnisse fielen durchwachsen aus. Wenn man nun bedenkt, dass das Jahr positiv für die Anleihen und Aktien endet, jedoch durch von stark unterschiedlichen Wertentwicklungen und signifikanten spezifischen Risiken geprägt war ... Welches Portfolio sollte man dann für 2024 aufbauen?

2024 dürfte eine höhere Visibilität für die Anleger mit sich bringen

Eine höhere Visibilität oder bessere Lesbarkeit? Wohl beides. Manche Konjunkturdaten bewegen sich endlich wieder in „bekannten“ Gefilden. Die Inflation hat nachgelassen und dürfte in den USA sowie auch in der Eurozone rasch unter 3 % fallen[1] und somit nicht mehr die größte Sorge der Anleger darstellen. Zugleich dürften sich die Unterschiede des Konjunkturwachstums zwischen den Ländern den Prognosen des IWF zufolge in 2024/2025 umfassend verringern, nachdem die Schocks absorbiert wurden. Desgleichen gilt für die Geldpolitik: Wir befinden uns am Ende des geldpolitischen Straffungszyklus, da die Zentralbanken ihre Aufgabe erfolgreich erledigt haben und wieder über Handlungsspielraum verfügen. Nun stellt sich nicht mehr die Frage, ob es Zinssenkungen geben wird, sondern wann diese eintreten werden.

Die Anlegerstimmung ist mittlerweile, ebenso wie ihre Positionierung, weitaus positiver als noch zu Beginn des Jahres. Und genau dieser Hintergrund lässt eine neue Frage für 2024 aufkommen: Inwiefern ist dieses anscheinend besser vorhersehbare und überschaubare Umfeld bereits eingepreist?

Die strukturellen Zinsänderungen verändern das Portfoliogleichgewicht

Der Wendepunkt der Zentralbanken in den USA und Europa dürfte wirklich im kommenden Jahr eintreten, in unserem Basisszenario rechnen wir allerdings nicht mit einer größeren Zinssenkung. Wir befinden uns aktuell bereits sehr nahe an unseren Zinszielen in den USA und Deutschland für das Jahr 2024. Die Inflation hat schnell nachgelassen, doch die mittelfristigen Inflationserwartungen (5-10 Jahre) sind in den USA fest bei 3 % verankert, was dem Durchschnitt von 1998-2008 entspricht[2]. Aufgrund des anhaltenden Umfelds mit höheren Zinsen verändert sich das Gleichgewicht eines diversifizierten Portfolios, da die Anleger mehr Vermögenswerte mit positiven Realrenditen zur Verfügung haben.

Zum aktuellen Jahresende scheinen die Anleger aufgrund der erwarteten Renditen bei Aktien und Anleihen nur wenig geneigt, die Risikopositionen ihrer Portfolios anzuheben. Die erwarteten Wertentwicklungen an den Aktienmärkten sind laut unseren Hypothesen unzureichend, um das Risiko eines enttäuschenden Konjunkturwachstums und die geopolitischen Risiken abzusichern. Im Jahr 2024 stehen für die Hälfte der Weltbevölkerung Wahlen an! Bei den Anleihen bietet das Carry den Anlegern eine relativ sichere Rendite.

Aus diesem Grund bevorzugt unser Zielportfolio für 2024 Anleihen gegenüber Aktien mit einer längeren Duration, da die Zentralbanken in den USA und Europa bei ihrer letzten Sitzung im Dezember ihren Wendepunkt bestätigten. Bei Anleihen investieren wir in Staatsanleihen (inkl. US-Dollar, mit Wechselkurssicherung). Wir bevorzugen zudem hochwertige (Investment Grade) Anleihen, die auf Euro und US-Dollar lauten. Schließlich bieten Schwellenländeranleihen in US-Dollar sowie auch in Lokalwährungen attraktive Renditen und sie dürften sich in einem Umfeld mit niedrigerem aber positivem Wachstum und einem weniger starken US-Dollar gut entwickeln.

Eine selektive Anlage in Aktien

Zum Ende des Jahres 2023 preisen die Aktienmärkte erneut ein – für sie positives – „Goldilock[3]-Szenario ein. Wenn man von dem aktuellen Niveau der wichtigsten Indizes ausgeht, erwarten wir eine einstellige Rendite, die sich auf ein niedriges aber positives Gewinnwachstum und die Dividendenrendite stützt (siehe unsere Einschätzung vom 7. Dezember zu Aktien). Wir können uns somit vorstellen, dass die Aktienmärkte sich ohne wirklichen Trend entwickeln werden, wobei das Aufwärts- sowie das Abwärtspotenzial begrenzt ausfallen. Denn bei einer wirtschaftlichen Enttäuschung oder einem exogenen Schock könnten die Zentralbanken heute viel einfacher eingreifen als noch vor einem Jahr.

Wenngleich es uns scheint, dass es dem Markt an Antriebsfaktoren mangelt, sind wir dennoch der Ansicht, dass in bestimmten Themen attraktivere Chancen bestehen. Dies ist beispielsweise bei hochwertigen defensiven Unternehmen aus den Sektoren Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter der Fall. Diese Sektoren entwickelten sich im Jahr 2023 weitaus unterdurchschnittlich, da sie teilweise durch die steigenden Zinsen und ein im Jahr 2023 letztendlich weitaus stärker als erwartetes Wachstum in den USA belastet wurden. Im Jahr 2024 bieten diese Unternehmen somit zwei Vorteile: eine geringere Sensitivität gegenüber der Entwicklung des Konjunkturzyklus und relativ attraktive Bewertungen. Wir schätzen Unternehmen aus dem Technologiesektor, die von dem Thema KI profitieren, ebenfalls positiv ein. Ihre Wertentwicklung an der Börse wird durch ein stärkeres Gewinnwachstum gestützt, was auch im kommenden Jahr noch anhalten dürfte. Zugleich dürfte das Zinsumfeld für ihre Bewertung kein Hindernis darstellen. Schließlich sehen wir bei Titeln Chancen, die durch teils gezwungene und undifferenzierte Verkäufe beeinträchtigt wurden. Dies ist der Fall bei Unternehmen mit den kleinsten Marktkapitalisierungen in Europa sowie in den USA. Ihre nachhaltige Erholung wird jedoch durch eine gute Entwicklung der Geschäftstätigkeit bedingt sein.

„Prognosen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen.“ Was ist, wenn wir falsch liegen?

Kann unsere Allokation den verschiedenen möglichen Szenarien stand halten? Sollten die Ängste einer Rezession wieder aufflammen, müssten sich die Staatsanleihen gut entwickeln und es ermöglichen, den riskantesten Teil des Portfolio (vor allem Aktien) teilweise abzusichern. Die Korrelation zwischen den beiden Anlageklassen der Anleihen und Aktien würde in einem Umfeld mit einer normalen Inflation erneut negativ. Auch andere Vermögenswerte könnten den Rückgang der Aktien abfedern: Gold, der Yen oder auch alternative Anlagestrategien dürften sich in diesem Umfeld gut entwickeln.

Eine erneut ansteigende Inflation wäre allgemein das ungünstigste Szenario für ein diversifiziertes Portfolio, da in diesem ein Abwärtsrisiko sowohl auf den Anleihen als auch den Aktien lasten würde, wie dies im Jahr 2022 der Fall gewesen war. In diesem Fall müsste man Liquidität und das Exposure in bestimmten Rohstoffen wie Gold oder Energie (Erdöl) bevorzugen, um den Rückgang des Portfolios einzugrenzen.

Der letzte Risikotyp ist das exogene Risiko (geopolitisches Risiko, Risiko für die finanzielle Stabilität). Solch ein Schock würde einen umfassenden Anstieg der Volatilität auslösen, wobei dessen Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeiten bedacht werden müssen. Dies führt uns wieder zu unserem ersten Fall: Staatsanleihen, Gold, Yen und alternative Anlagestrategien können ein diversifiziertes Portfolio teilweise absichern.

Wir bevorzugen somit für 2024 einen ausgewogenen und selektiven Ansatz: bei Anleihen Suche nach Carry mit einer längeren Duration, Exposure in hochwertigen Unternehmensanleihen und Schwellenländeranleihen; und bei Aktien ein spezifischeres Exposure in bestimmten Themen mit stärkerem Aufwärtspotenzial als die Indizes: Basiskonsumgüter, Technologie, Unternehmen mit den kleinsten Marktkapitalisierungen.


[1] Schätzung von Candriam
[2] Quelle: Bloomberg
[3] Ein ideales Szenario, bei dem die Wirtschaft weder zu stark noch zu schwach ist

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